Diskriminierende Gesetze und Praktiken
Sie führten weiterhin zu sozialen und politischen Unruhen und waren Ursache von Menschenrechtsverletzungen. Personen werden Aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und ihrer politischen Meinung die Anstellung beim Staat gemäß den als gozinesh (Selektion) bezeichneten Bestimmungen versagt. Gleiche Gesetze galten auch für Berufsverbände wie die Anwaltskammer oder Gewerkschaften.
Im Januar wandte der Wächterrat die gozinesh-Bestimmungen an, um etwa 3500 Personen von einer möglichen Kandidatur bei den Parlamentswahlen vom Februar auszuschließen. Der Wächterrat hat die Aufgabe, Gesetze und Vorschriften zu prüfen, um sicherzustellen, dass sie mit den Grundsätzen des Islam und der iranischen Verfassung übereinstimmen. Der Ausschluss von etwa 80 amtierenden Parlamentsabgeordneten wurde im In- und Ausland verurteilt.
Die gozinesh-Bestimmungen dienen als Rechtsgrundlage für diskriminierende Gesetze und Praktiken. Gegen religiöse und ethnische Gruppen, die offiziell nicht anerkannt waren – zum Beispiel Bahai, Ahl-e Haq, Mandäer (Sabäer) und evangelische Christen –, wurden automatisch die gozinesh-Bestimmungen angewandt. Diesen Gruppen wird der Zugang zu Bildungseinrichtungen strikt verweigert.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit
Aus politischen Gründen werden Journalisten willkürlich festgenommen und für längere Zeit inhaftiert. Sie müssen sich in unfairen Prozessen vor Gericht verantworten und werden zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Gesetze, aufgrund derer Journalisten festgenommen und inhaftiert wurden, bezogen sich auf Gefährdung der nationalen Sicherheit und „Störung der öffentlichen Ordnung“. Angehörige von Gefangenen werden Schikaniert und eingeschüchtert, gegen die Ermittlungen liefen.
Ein im veröffentlichter Bericht des UN-Sonderberichterstatters zum Schutz und zur freie Meinungsäußerung kam zu dem Ergebnis, dass »durch systematische Repressionen gegen Personen, die anderer Meinungen sind als Staat oder vorherrschenden politische und religiöse Anschauungen vertreten durch diese Maßnahmen angst verbreitet wird.
Es wurden in den letzten Jahren zahlreiche Journalisten und Autoren die Ihre Texte und Bücher, im Internet veröffentlichen festgenommen. Vor allem nach der Veröffentlichung eines Aufrufs, in dem politische Reformen gefordert wurden und den etwa 350 Personen unterschrieben hatten, stieg die Zahl der Festnahmen an. Ihnen zum Opfer fielen unter anderem Javad Gholam Tamayomi, Shahram Rafihzadeh Rouzbeh und Mir Ebrahimi. Später legten die Häftlinge nach berichten zu folge Geständnisse ab. Sie gaben später zu diese nur unter Nötigung und Folter zugeben zu haben.
Intellektuelle und Schriftsteller wie Taqi Rahmani, Alireza Alijani und Hoda Saber, , die der national-religiösen Gruppierung Melli Mazhabi nahe standen, mussten ohne jegliche Chance auf Freilassung in Gewahrsambleiben. Über ein Jahr lang hatte sich das Gericht, bei dem sie gegen ihre Inhaftierung Klage eingereicht hatten, geweigert, ein Urteil zu fällen. So wurde im vorraus verhindert das die Familien Schritte gegen die Fortdauer der Haft ihrer Angehörigen einleiten konnten. Obwohl ihre Freilassung angekündigt und eine erhebliche Kaution gezahlt worden war, verweigerten die Gefängnisbehörden die Haftentlassung der beiden Männer, die sich bei Jahresende noch immer in Gewahrsam befanden.
Das gegen Professor Hashem Aghajari wegen vermeintlich blasphemischer Äußerungen verhängte Todesurteil wurde vom Obersten Gericht aufgehoben. Die Behörden brachten jedoch neue Anklagen gegen ihn vor und legten ihm zur Last, religiöse Gebote verletzt und »Falschinformationen verbreitet« zu haben. Im Juli wurde Professor Hashem Aghajari zu fünf Jahren Haft verurteilt, wovon zwei zur Bewährung ausgesetzt wurden. Außerdem erging gegen ihn ein fünfjähriges Berufsverbot. Er legte bei einem Teheraner Gericht Berufung gegen das Urteil ein, über die bis Jahresende noch nicht entschieden worden war.
Straffreiheit
Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen führte zu politischen Unruhen und zu Misstrauen gegen die Justiz.
Mohammad Reza Aqdam Ahmadi, Beamter des Geheimdienstministeriums, musste sich vor Gericht verantworten, weil er an dem »quasi vorsätzlichen Mord« an Zahra Kazemi, einer Fotografin und Journalistin, beteiligt gewesen sein sollte. Die 2003 im Gefängnis gestorben war. Der Beamte nach 2 Tagen freigesprochen. Ein Sprecher der Justiz erklärte dass der Tod von Zahra Kazemi auf einen Unfall zurückzuführen sei. Gerichtsmediziner stellten ein Gutachten aus, dieses deutete darauf hin, dass man sie ermordet hatte. Internationale Beobachter, unter ihnen die UN-Sonderberichterstatter über das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, über die Unabhängigkeit von Anwälten und Richtern sowie über Folter, kritisierten den offenkundig fehlerhaften Prozess. Das Gericht ordnete an, dass der Staat der Familie der Verstorbenen die gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungssumme zu zahlen habe, da kein Täter ermittelt worden war. Die Familie legte Berufung ein, über die bis zum Jahresende noch nicht entschieden war.
Die nach Studentendemonstrationen festgenommen und gefolterten (Manuchehr und Akbar Mohammadi sowie Ahmadi Batebi) sind nach unfairen Gerichtsverfahren zu Freiheitsstrafen verurteilt worden waren, sahen sich im Gefängnis weiterer Gewalt ausgesetzt. Sie mussten im Laufe des Jahres wegen ihrer Verletzungen medizinisch versorgt werden. Eine Untersuchung ihrer Misshandlungsvorwürfe hat nicht stattgefunden.
Sechs Jahre nach den Morden an zwei politischen Aktivisten und drei Schriftstellern – ein Fall, der im Iran als die »Serienmorde« bekannt wurde – waren noch immer keine Maßnahmen ergriffen worden, um die Auftraggeber dieser Verbrechen vor Gericht zu stellen. Im Jahr 1999 war die Verwicklung staatlicher Funktionsträger in die Morde bestätigt worden. Berichten zufolge wurde der ehemalige Geheimdienstminister Qorbanali Dorri Nafafabadi, dem »erlaubt« worden war, den früheren Anhörungen zu diesem Fall fernzubleiben, 2004 zum Staatsanwalt ernannt. Nasser Zarafshan, Menschenrechtsverteidiger und Anwalt der Familien der zwei politischen Aktivisten, blieb nach einem unfairen Gerichtsverfahren 2002 inhaftiert.
Todesstrafe, Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen
Im Jahr 2006 159 Personen wurden mindestens hingerichtet, unter ihnen mindestens ein minderjähriges Mädchen. Viele weitere Menschen wurden zum Tode verurteilt, unter ihnen mindestens zehn Angeklagte, die zum Zeitpunkt der „Tat“ noch keine 18 Jahre alt gewesen waren. Die tatsächlichen Hinrichtungszahlen dürften erheblich höher gewesen sein. Die Todesstrafe wurde wegen »feindseliger Gesinnung gegen Gott« oder »unmoralischen Verhaltens« verhängt, die auf internationaler ebene nicht existieren
Nach berichten zufolge wurden eine erst 16-jährige Atefeh Rajabi durch den Strang hingerichtet. Sie wurde nach einem Menschenverachteten Gerichtsverfahren verurteilt,
in dem sie fiesen öffentlichen Beschimpfungen ausgesetzt wurde. Die an ihrer geistigen Gesundheit bestehenden Zweifel waren offensichtlich außer Acht gelassen worden.
Mindestens 36 Personen wurden zur Prügelstrafe verurteilt, die tatsächlichen Zahlen dürften jedoch deutlich höher gewesen sein.
In Teheran, starb Mohsen Mofidi nachdem er ausgepeitscht worden war. Die Behörden haben keinerlei Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob er infolge der Peitschenhiebe gestorben ist.
Im November und Dezember wurden Leyla Mafi, eines Berichten zufolge geisteskranke jugendliche Täterin, und Hajieh Esmailvand zum Tode verurteilt, Letztere durch Steinigung. Die beiden waren der Prostitution und anderer unmoralischer Handlungen (a’mal khalaf-e ’ofat) angeklagt worden. Nach Protesten im In- und Ausland wurde ihre Hinrichtung ausgesetzt. Der Fall von Afsaneh Norouzi, die 2003 zum Tode verurteilt worden war, wurde an einen Schlichtungsrat verwiesen.
Folterungen sind weiterhin in vielen iranischen Gefängnissen an der Tagesordnung.
Im Juli wurde der Leiter eines Gefängnisses in Dezful im Süden des Landes in Zusammenhang mit einem Vorfall entlassen, bei dem seine Mitarbeiter einen Häftling an einen an der Decke befestigten Ventilator gebunden hatten, wodurch die Blutzufuhr zu seinen Händen abgeschnitten worden war. Dem Gefangenen mussten daraufhin beide Hände amputiert werden.
Todesurteil für NAZANIN
Im Iran ist Anfang des Jahres die 18-jährige Nazanin zum Tode verurteilt worden. Der Grund: Sie hatte sich als Minderjährige gegen drei Männer, die sie vergewaltigen wollten, zur Wehr gesetzt und einen der Angreifer in Notwehr getötet. Sie wurde von einem iranischen Gericht zum Tod durch Erhängen verurteilt. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, der nächste Verhandlungstermin ist voraussichtlich im Juni. Es ist zu befürchten, dass das Urteil erneut vom Gericht bestätigt und kurz darauf vollstreckt wird. Der Fall von Nazanin ist kein Einzelfall: Die Achtung von Menschenrechten und Frauenrechten im Besonderen ist im Iran nicht gewährleistet. So finden willkürliche Festnahmen und unfaire Gerichtsverfahren statt, die Gefangenen haben selten juristischen Beistand. Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen sind in iranischen Gefängnissen nicht selten.
Allein im Jahr 2004 wurden mindestens 159 Personen hingerichtet, die tatsächliche Anzahl ist unbekannt. Die Gründe für Hinrichtungen sind vielfältig und reichen von „Ehebruch“ über „feindseliger Gesinnung gegen Gott“, von Homosexualität bis hin zu „unmoralischem Verhalten“.
Unter den Hingerichteten befanden sich viele Frauen, teilweise auch Minderjährige.
Frauen sind von der grausamen iranischen Rechtssprechung besonders betroffen:
So wird z. B. Vergewaltigung oder sexuelle Belästigung nicht den Tätern, sondern den Opfern angelastet, indem behauptet wird, das Opfer hätte den Täter „provoziert“.
Freispruch für Nazanin: Hinrichtung konnte abgewendet werden
Ein Gericht in Teheran hat die 19-jährige Iranerin Nazanin Fatehi freigesprochen. Sie war zum Tode verurteilt worden, weil sie sich gegen einen Vergewaltiger wehrte und ihn aus Notwehr tötete.
Nazanin war noch minderjährig, als sie von drei Männern angegriffen wurde und einen der Angreifer tödlich verletzte. Ein iranisches Gericht verurteilte Nazanin Anfang letzten Jahres deshalb zum Tod durch Erhängen. Man wollte ein Exempel statuieren, damit “nie wieder eine Frau es wagt, sich gegen einen Mann zur Wehr zu setzen", so die Urteilsbegründung.
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt, mit Erfolg: Nazanin Fatehi wurde nun freigesprochen. Ein Teheraner Gericht hat entschieden, dass sie aus Notwehr gehandelt habe.
Der Freispruch ist nicht zuletzt auf die internationalen Proteste gegen das Todesurteil zurück zu führen", so Myria Böhmecke, Referentin der Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES. TERRE DES FEMMES protestierte zusammen mit dem “Internationalen Komitee gegen Steinigung" mit einer breit angelegten Unterschriftenaktion und Demonstrationen gegen die Todesstrafe von Nazanin. Es wurden für Nazanin außerdem zwei Anwälte engagiert, die sich für ihren Freispruch einsetzten.
“Wir sind sehr froh und erleichtert, dass Nazanin freigesprochen wurde", so Böhmecke. Allerdings kann Nazanin das Gefängnis noch nicht verlassen, weil ihre Familie ein “Blutgeld" zahlen soll, sozusagen als “Ausgleich" für den Tod des Mannes."
Die Rechtsanwälte von Nazanin legen gegen dieses Urteil Revision ein, weil die Familie von Nazanin die hohe Summe nicht zahlen kann. Wenn eine Kaution gezahlt wird, kann Nazanin aber voraussichtlich nächste Woche schon das Gefängnis verlassen. Die Kaution allerdings muss aus Spenden finanziert werden.
Der Fall von Nazanin ist kein Einzelfall: Allein im Jahr 2004 wurden mindestens 159 Personen hingerichtet, die tatsächliche Anzahl ist unbekannt. Unter den Hingerichteten befanden sich viele Frauen, teilweise auch Minderjährige.
Der Fall von Nazanin zeigt die unmenschlichen Rechte, der die Frauen weiterhin ausgesetzt sind, und nicht jeder Fall läuft so glücklich wie der von Nazanin. Es zeigt wenn internationaler Einfluss aufmerksam auf diese, verheerende Menschenrechte macht können solche Fälle wie Nazanin im Einzelnen verhindert werden, deswegen ist es wichtig das sich viele Organisationen sich an solchen Prozessen beteiligen.
Frauen Rechte Iran
° Das Recht auf Scheidung und das Sorgerecht für geschiedene Frauen mit Kindern wurden weiter eingeschränkt: Für Jungen ab sieben und Mädchen ab drei Jahren hat der Vater das alleinige Sorgerecht. Möchte sich eine Frau scheiden lassen, muss sie auf die Morgengabe verzichten oder nachweisen, dass ihr Mann drogensüchtig, impotent, abwesend, geisteskrank oder vom Glauben abgefallen ist. Der einzige Ausweg ist ein Ehevertrag mit Scheidungsrecht, denn Vertrag geht vor geltendes Recht. Mit der Morgengabe, die bei der Eheschließung festgelegt wird, erhält der Ehemann die Verfügungsgewalt über die Frau. Im Zivilgesetzbuch heißt es: „Morgengabe ist der Preis dafür, dass die Frau während der Ehe mit dem Mann schläft, den Haushalt erledigt und ihm gehorcht.“
°Polygamie wurde wieder gestattet.
°Für Ehebruch und vorehelichen Geschlechtsverkehr wurde Steinigung eingeführt – eine Tötungsart, die seit zwei Jahren aufgrund internationaler Proteste nicht angewendet wird, aber weiter droht.
°Mädchen durften zunächst ab neun, jetzt ab 13 Jahren verheiratet werden, Jungen ab 15 Jahren.
°Laut Zivilgesetzbuch ist der Ehemann befugt, seiner Frau die Arbeit zu verbieten, wenn diese seiner Ansicht nach die Würde der Familie oder der Frau verletzt.
°In der Rechtsprechung, bei Eigentumsfragen und in Erbangelegenheiten sind Frauen extrem benachteiligt. Vor Gericht gilt die Aussage einer Frau nur halb so viel wie die eines Mannes, der Erbteil einer Frau ist grundsätzlich nur halb so groß wie der männlicher Erben.
°Frauen ist nicht gestattet, ohne die Erlaubnis des Mannes zu verreisen. Ohne schriftliche Zustimmung des Ehemannes kann sich keine Frau einen Reisepass ausstellen lassen.
°Frauen ist es verboten, beim Männersport in Sporthallen zuzuschauen. Sportlerinnen dürfen nicht alle Sportarten ausüben.
°Eine Frau darf nicht Staatspräsidentin werden.
°Die Zahl der Ehrenmorde durch männliche Verwandte ist gestiegen, weil die Täter nach islamischem Recht überhaupt nicht bestraft werden oder mit einem Blutgeld davon kommen, das für Frauen die Hälfte dessen beträgt, was für einen Mann gezahlt wird.
°Nach der Verfassung wechselt eine Frau mit der Heirat automatisch in die Staatsangehörigkeit des Mannes. Auf diese Weise haben z.B. die Iranerinnen, die einen afghanischen Flüchtling geheiratet haben, keine Staatsangehörigkeit. Ihre Kinder haben keine Papiere. Sie müssen ausreisen.
°Am schwersten aber wiegt, dass die Gewalt gegen Frauen im häuslichen und öffentlichen Leben staatlich unterstützt wird. Die Scharia, die islamische Rechtssprechung, bestimmt das Leben der Frauen. Mit einer geflochtenen Lederpeitsche werden sie auf den nackten Rücken geschlagen, wenn sie sich sittenwidrig verhalten – also gegen die jetzt wieder härtere Zwangsverschleierung verstoßen, oder hingerichtet, wenn sie sich z.B. wie Afzaneh Norouzi und Akram Ghawidel gegen Vergewaltigung mit Totschlag wehren. Am 28. Februar dieses Jahres schreibt die Journalistin Fereshteh Ghazi in einem Offenen Brief an den Chef der Justiz und den Staatspräsidenten, sie habe in ihrer Haft zwei Frauen kennen gelernt, die eine, Akram Ghawidel, habe sich gegen einen ins Haus eingedrungenen Vergewaltiger gewehrt und ihn getötet. Dafür wurde sie zum Tode verurteilt. Hätte sie sich nicht gewehrt und vergewaltigen lassen, wäre ihre Todesstrafe Steinigung gewesen. Die zweite Frau, die neunzehnjährige geistig Behinderte Someyeh, wurde vom eigenen Bruder vergewaltigt. Auch sie wartet auf den Tag ihrer Todesstrafe. Sie hat im Gefängnis einen Sohn bekommen. Was wird aus dem kleinen Mohammed in unserer Gesellschaft, wenn seine Mutter hingerichtet oder lebenslänglich eingesperrt bleibt?, fragt die Journalistin.
Wahlboykott ist Hochverrat
„Weil das Regime keine freien Wahlen zuläßt, wird die Wahlbeteiligung zum Referendum über das Regime”, sagt Ahmad Seidabadi, Oppositionspolitiker und Journalist der Zeitung „Schargh”. „Deshalb ist die Wahlbeteiligung so wichtig geworden, daß sie die Frage, wer die Wahlen gewinnt, in den Hintergrund drängt.” Das Regime werde alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Leute wählen gehen.
Der Geheimdienstchef Junessi hat bereits gesagt, daß Aufrufe zum Wahlboykott Hochverrat gleichkämen, einem Verbrechen, das in Iran mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Das Regime tut alles, um das Stimmrecht als Verpflichtung erscheinen zu lassen.
Da in Iran die Teilnahme an Wahlen durch einen Eintrag im Ausweis bestätigt wird, stehen dem Regime Druckmechanismen zur Verfügung.
Die Machthaber in Teheran müssen allerdings nicht fürchten, daß eine niedrige Wahlbeteiligung das islamische System in eine Krise stürzen würde. Sie beunruhigt vielmehr, welche Reaktionen der Anschein fehlenden Rückhalts in der Bevölkerung im Ausland hervorrufen könnte, speziell beim Erzfeind in Washington, der laut über die Aussichten eines „Regimewechsels” in Teheran nachdenkt. „Je niedriger die Wahlbeteiligung, desto schwächer wird die Verhandlungsposition Irans in internationalen Verhandlungen”, sagt der Journalist Mohammad Heidari.
Die politische Führung appelliert daher an die Iraner, mit einer hohen Wahlbeteiligung den ausländischen Gegnern eine Abfuhr zu erteilen. Viele regimekritische, aber national gesonnene Iraner sehen sich in einer Zwickmühle. „Wenn wir wählen gehen, unterstützen wir gegen unseren Willen das Regime. Wenn wir nicht wählen gehen, laden wir die Amerikaner ein, uns anzugreifen, weil sie denken, daß das Regime keinen Rückhalt hat”, sagt eine Iranerin.
Ohnmacht und Wut:
In Teheran und anderen Großstädten des Landes könnte es durchaus sein, daß sich nur weit unter fünfzig Prozent der Wahlberechtigten beteiligen werden. Desillusionierung, ein Gefühl der Ohnmacht und Wut sind die Gefühle, die vor allem junge Leute - 45 Prozent der Wähler sind jünger als 30 Jahre - in zufälligen Gesprächen auf der Straße oder im Taxi zum Ausdruck bringen. „Zweimal habe ich den Fehler gemacht, wählen zu gehen. Zweimal habe ich für Chatami gestimmt. Jetzt glaube ich nicht mehr daran, daß man mit Wahlen in diesem Land etwas bewirken kann”, sagt ein junger Mann, der bald zum Studium an der amerikanischen Universität nach Dubai gehen wird. „Alle Kandidaten sind doch aus demselben Lager. Jemand, den ich wählen würde, würde niemals zugelassen werden”, sagt ein junger Fabrikarbeiter, der seinen Studienplatz nach den Studentenunruhen im Sommer 1999 verloren hat. Wenngleich die Wahl am 17. Juni im Zeichen der Frustration und enttäuschten Hoffnungen stehen wird, erwartet kaum jemand eine wirkliche Verschlechterung der Verhältnisse nach der Wahl. Im Gegenteil, das Ende der Lethargie der späten Chatami-Ära scheint vielen allein schon als Erleichterung.
Der Wechsel selbst gilt als Anlaß zur Hoffnung, daß ein weniger machtloser, weil besser im Machtgefüge verankerter Präsident mehr erreichen könnte als sein Vorgänger. Und von keinem der aussichtsreichen Kandidaten wird eine wirkliche Verschärfung der Repression erwartet. Die Wiederkehr Rafsandschanis wird als symbolisch für die ausgebliebene Erneuerung der iranischen Politik empfunden. Die Kluft zwischen der jungen, sich modernisierenden Gesellschaft und dem System wächst. Iran befindet sich, wie ein politischer Beobachter sagt, im Zustand „instabiler Stagnation”.USA verurteilen Sieg der Hardliner in Iran
Wien - Wegen der angeblichen Verwicklung des neuen iranischen Präsident Mahmoud Ahmadinejad in den Mord an dem kurdischen Oppositionspolitiker Abdul Rahman Ghassemlou im Juli 1989 in Wien hat der Grünen-Politiker Peter Pilz die Ausstellung eines Haftbefehls gegen den iranischen Politiker gefordert.
"Der Mann steht dringend unter Verdacht, 1989 in die Ermordung des kurdischen Oppositionspolitikers Abdul Rahman Ghassemlou in Wien verwickelt gewesen zu sein", behauptete Pilz am Freitag im Gespräch mit der Tageszeitung "Der Standard" (Wochenendausgabe).
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