Montag, 10. September 2007

Öffentliche Hinrichtungen im Iran sollen Regimekritiker einschüchtern
TEHERAN. Im Iran sind erstmals seit fünf Jahren wieder Menschen öffentlich hingerichtet worden. Die Exekutionen stehen im Zusammenhang mit einer Repressionswelle, von der gewöhnliche Kriminelle und Regimekritiker gleichermaßen betroffen sind. "Meine lieben Mitbürger. Es ist soweit. Bewahrt bitte die Ruhe und preist den Propheten Mohammed". Einige Minuten später werden den Todeskandidaten blaue Schlingen um den Hals gelegt. Die beiden Männer, die einen hochrangigen Richter ermordet haben sollen, müssen sich auf einen Hocker stellen, der von dem Henker unsanft weggetreten wird. Wie befohlen, preisen die 3000 Schaulustigen daraufhin den Allmächtigen - und aus den Lautsprechern über dem Baukran, an dem die beiden Männer hängen, fordert eine tiefe Stimme den Tod aller Heuchler und Terroristen sowie das "Ende von Amerika".151 Menschen wurden in diesem Jahr im Iran bereits hingerichtet, die letzten 16 erst seit Wochenbeginn. Die Hingerichteten seien wegen Vergewaltigung, Entführung, Raubüberfällen und Drogenhandel für schuldig befunden worden und ihrer gerechten Strafe zugeführt worden, berichteten iranische Medien. Die Zahl der Hinrichtungen werde die des Vorjahres, als 177 Menschen exekutiert wurden, übertreffen, befürchten Beobachter in Teheran. Von den Hinrichtungen seien nicht nur "gewöhnliche Kriminelle" betroffen, die zunehmend "härter bestraft würden", sondern auch Regimekritiker. Erst am Dienstag waren zwei kurdische Journalisten zum Tode verurteilt worden. Sie sollen "gegen die Sicherheit der Islamischen Republik verstoßen" haben". Der Grund für die "neue Sicherheitszielsetzung" der Regierung von Staatspräsident Ahmadinejad ist nach Ansicht der iranischen Politologieprofessorin Farideh Farhi "Angst und Paranoia", die durch die Iran-Politik der USA ausgelöst wurde. Nach der Ankündigung der US-Regierung, 78 Millionen Dollar zur Unterstützung der iranischen Opposition bereitzustellen, habe Ahmadinejad den Geheimdienst neu organisiert.
Öffentliche Hinrichtung in Teheran
Erstmals seit fünf Jahren fand heute in der iranischen Hauptstadt Teheran wieder eine öffentliche Hinrichtung statt. Zwei Männer waren zum Tode verteilt worden, weil sie 2005 einen konservativen Richter ermordet haben sollen. Die Hinrichtung fand am zweiten Jahrestag der Tat am Ort des Verbrechens im Zentrum Teherans statt. Der ermordete Richter war für viele politisch motivierte stark kritisierte Urteile verantwortlich. Unter anderem hatte er den prominenten Regierungskritiker Akbar Gandschi zu sechs Jahren Haft verurteilt. Erst am Mittwoch waren in der ostiranischen Stadt Maschad sieben verurteilte Straftäter öffentlich hingerichtet worden. Allein im Juli wurden in Teheran 12 Todesurteile vollstreckt.Menschenrechtsorganisationen, Politiker und NGOs üben nun scharfe Kritik. Die im Nahen Osten tätige Hilfsorganisation WADI kritisierte heute die Hinrichtungen als "barbarischen Akt der durch nichts gerechtfertigt ist". "Mit der derzeitigen Hinrichtungswelle im Iran scheint die derzeitige Regierung die Zeit wieder zurückdrehen zu wollen und spärlichen Liberalisierungsschritte unter Präsident Khatami wieder rückgängig zu machen" kritisierte WADI-Obmann Thomas Schmidinger und forderte zugleich die OMV auf, ihre Geschäftsbeziehungen mit dem Iran zu nutzen um auf die iranische Führung mäßigend einzuwirken: "Der Iran will mit Europa Geschäfte machen. Die OMV hätte mit ihrem Deal mit dem Iran die Möglichkeit hier ihr ökonomisches Gewicht in die Waagschaale zu werfen." Einen ähnlichen Appell hatte vor Kurzem die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, im Zusammenhang mit den beiden Journalisten beiden Journalisten Adnan Hassanpour und Abdolvahed "Hiwa" Botimar an die OMV gerichtet, die alljährlich gemeinsam mit "Reporter ohne Grenzen" den "Press Freedom Award", einen Menschenrechtspreis für engagierte JournalistInnen, vergibt. Die kurdischen Journalisten wurden aus politischen Gründen zum Tode verurteilt und befinden sich derzeit an einem unbekannten Ort wo ihnen Folter und Mißhandlungen drohen. WADI-Obmann Schmidinger, der erst vor Kurzem Iranisch-Kurdistan bereiste: "In den kurdischen Gebieten des Iran ist die staatliche Repression wesentlich präsenter als in anderen Teilen des Landes. Aufgrund der hier sehr stark präsenten Oppositionsgruppen geht das Regime mit besonderer Härte gegen kurdische Intellektuelle vor."Seit der Machtübernahme Mahmud Ahmedinejads als iranischem Präsidenten hat sich die Praxis der Todesstrafe im Iran wieder deutlich verschärft. In diesem Jahr wurden im Iran bereits mindestens 151 Menschen hingerichtet. Vor allem in Provinzstädten werden Todesurteile immer wieder öffentlich vollstreckt. Im Iran können außer Mord unter anderem Vergewaltigung, Ehebruch, Landesverrat, Spionage, homosexuelle Handlungen und Drogenhandel mit der Todesstrafe geahndet werden.
Bilder zum Thema Hinreichtung im Iran